THEORIE » PRAXIS

  1. Institutionelle Umsetzung der
    CHAGAL Leitlinien für studien-
    vorbereitende Einrichtungen
  2. Chagal Guidelines & Sprachunterricht
    für chinesische Studierende:
    von der Theorie zur Praxis

Institutionelle Umsetzung der CHAGAL Leitlinien für studienvorbereitende Einrichtungen

Bericht über das Projekt „CHAGAL-Arbeitsgruppe am Vorstudien-
lehrgang der Grazer Universitäten
(VGU)“ von Wilfried KRENN
(für das Projekt-Team)

Der Vorstudienlehrgang der Grazer Universitäten (VGU) war Projektpartner im Grundtvig CHAGAL Projekt. Während der Projektphase wurde am VGU eine Rohfassung der Curriculum-Leitlinien evaluiert, indem Pilotprojekte durchgeführt und die Vorgaben der Leitlinien mit den Praxiserfahrungen der Lehrpersonen am VGU verknüpft wurden:

Nach der Fertigstellung der Curriculum-Guidelines und dem Abschluss des Projektes im Herbst 2004 wurde am VGU eine Arbeitsgruppe gegründet, die die Möglichkeiten einer Umsetzung der Leitlinien sondieren sollte. Zu diesem Zweck wurden die Leitlinien hinsichtlich ihrer Relevanz für den VGU evaluiert, wurden Aktivitäten und Maßnahmen aufgelistet, die als Umsetzung der Leitlinien am VGU interpretiert werden können, und wurde beschrieben, welche Maßnahmen in Zukunft getroffen werden können, um den Vorgaben der Curriculum Leitlinien gerecht zu werden. Für die zukünftige Umsetzung wurden auch Zuständigkeiten und ein grober Zeitplan definiert.

Im Folgenden sollen zuerst die Aufgaben des VGU skizziert und danach die wichtigsten Ergebnisse der CHAGAL-Arbeitsgruppe zusammenfassend dargestellt werden.

Aufgaben des VGU

Der Vorstudienlehrgang der Grazer Universitäten hat laut Statut die Aufgabe, internationale Studierende (unter besonderer Berücksichtigung von Studierenden aus Entwicklungsländern) auf ein Universitätsstudium in Österreich vorzubereiten. Internationale Studierende, die zu einem Studium in Österreich zugelassen sind, müssen vor dem Beginn ihres regulären Studiums Ergänzungsprüfungen ablegen. Diese Prüfungen dienen dem Nachweis von Sprachkenntnissen und dem Nachweis von Kenntnissen in anderen Fächern, die den internationalen Studierenden individuell vorgeschrieben werden. Der VGU betreut derzeit 400-500 Studierende, die an den vier Grazer Universitäten eingeschrieben sind.

Ergebnisse der CHAGAL Arbeitsgruppe

Im Folgenden werden nur die wichtigsten Ergebnisse der Arbeitsgruppe und geplante Schwerpunksetzungen beschrieben.

Leitlinie 1

Leitlinie eins beschreibt die Notwendigkeit, den positiven Beitrag, den internationale Studierende leisten können, auch als Institution nach außen zu vermitteln. Der VGU hat schon in der Vergangenheit immer wieder mit öffentlichen Auftritten versucht, auf den positiven Beitrag, den internationale Studierende in Österreich leisten und leisten können, aufmerksam zu machen. (Ausstellung über die Arbeit am VGU an den Grazer Universitäten, Besuch von Studierenden an Schulen, Lesungen in Buchhandlungen, usw.) Eine Lehrperson am VGU ist Mitglied des entwicklungspolitischen Beirates des Landes Steiermark, und der VGU arbeitet als Bildungsinstitution intensiv mit dem Germanistischen Institut bei der Ausbildung von Deutsch als Fremdsprache - LehrerInnen zusammen, alles Gegebenheiten, die auf die Situation internationaler Studierender in Graz aufmerksam machen.

Die CHAGAL-Arbeitsgruppe hat über zusätzliche Aktivitäten nachgedacht, die in eine ähnliche Richtung weisen: In Zukunft soll unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit des VGU intensiviert werden, indem z.B. Stellungnahmen zu aktuellen Diskussionen, die die Situation internationaler Studierender betreffen, abgegeben werden, indem der Auftritt der Institution im Internet verbessert wird, oder indem sich der VGU stärker und aktiver an den Universitäten präsentiert.

Leitlinien 2-5

Die Leitlinien zwei bis fünf beschreiben den Prozess der Erarbeitung von Lehrinhalten, Lehrmethoden und Evaluationsinstrumenten für die Kurscurricula. Die Lehrpläne, die derzeit am VGU Gültigkeit haben, berücksichtigen die Forderungen der CHAGAL-Leitlinien, indem sie versuchen, auf der Basis einer Analyse der „objektiven Bedürfnisse“ der Studierenden Kursinhalte festzulegen. So wird z. B. im Sprachunterricht schon im Anfänger- und Mittelstufenbereich ein Schwerpunkt auf die Erarbeitung studienspezifischer Textsorten, Strukturen und studienspezifischen Wortschatzes gelegt.

Vor allem die Tatsache, dass nur begrenzte Ressourcen für die Umsetzung der Curriculumsinhalte zur Verfügung stehen, macht es allerdings notwendig, noch genauer über relevante Kompetenzen für ein erfolgreiches Studium in bestimmten Studienrichtungen Bescheid zu wissen. Zu diesem Zweck hat die Arbeitsgruppe Vorschläge erarbeitet, die dazu verhelfen sollen, ein genaueres Bild über die tatsächlichen Problembereiche der Studierenden während des Studiums zu bekommen. Sowohl Informationen über den bisherigen Lernweg der Studierenden und über ihren Bildungshintergrund, wie auch Erfahrungen von AbsolventInnen sollen in Zukunft noch konsequenter gesammelt und systematisch ausgewertet werden. Die erhobenen Daten müssten dann auf „operationalisierbare“ Lernziele umgelegt werden, die in weiterer Folge in der Arbeit in den Kursen noch stärkere Berücksichtigung finden könnten.
Vor allem Leitlinie fünf, die Notwendigkeit, Lehrpläne mit den Universitäten zu verhandeln, um sinnvolle und realistische Kursinhalte zu definieren, müsste aus der Sicht der Arbeitsgruppe in Zukunft stärkere Beachtung finden. Die Umsetzung dieser Leitlinie erscheint in der momentanen Situation allerdings besonders schwierig. Die Ressourcenknappheit im universitären Bereich und der zunehmende internationale Wettbewerb zwischen den Bildungsinstitutionen erhöht den Druck auf alle Studierenden (s. z.B. Zulassungsbeschränkungen in bestimmten Fächern). Die Möglichkeit, auf die besondere Situation der internationalen Studierenden während ihrer ersten Semester an der Universität Rücksicht zu nehmen, wird zunehmend eingeschränkt. Die große Herausforderung für den VGU besteht darin, gemeinsam mit den Universitäten realisierbare Lehr- und Lernziele für die Kurse am VGU zu definieren, die in weiterer Folge den internationalen Studierenden ein erfolgreiches Studium ermöglichen. Dazu müssen VertreterInnen aller Studienrichtungen als Partner und Partnerinnen gewonnen werden.

Leitlinien 6-9

Die Leitlinien sechs bis neun beschreiben den Prozess der Implementierung eines lernerzentrierten Curriculums. Wichtige Elemente eines lernerzentrierten Curriculums, die auch die Umsetzung in den Kursen betreffen, werden auch schon in den gültigen Lehrplänen am VGU beschrieben. Nicht zuletzt die steigende Zahl von Studierenden macht es aber notwendig, geeignetere Instrumente für die Umsetzung der Curriculumsinhalte zu entwickeln. Da die Zahl der so genannten „Kontaktstunden“ in den Kursen relativ gering ist und derzeit ein großer Teil des Studiums in Eigenverantwortung durchgeführt werden muss, ist es notwendig, Ziele noch genauer zu definieren, in den Kursen verstärkt Lernstrategien vorzustellen und zu propagieren und intensive, aussagekräftige Rückmeldungen in Form von „Lernberatung“ zu geben, die von den Studierenden angenommen und umgesetzt werden kann. Um dies bewerkstelligen zu können, hat die Arbeitsgruppe konkrete Vorschläge zusammengestellt bzw. erarbeitet, die teilweise schon jetzt in der Unterrichtspraxis am VGU umgesetzt werden. Im Bereich der Sprachkurse hat sich die Konzentration auf die (möglichst mit Studierenden gemeinsam erarbeitete) Definition quantifizierbarer Lehrzielbereiche, die von den Studierenden gut nachvollzogen werden kann, als hilfreich erwiesen: So erscheint z.B. in den Sprachkursen eine klare Schwerpunksetzung im Bereich der Ausdrucks- und Strukturkompetenz als eine Möglichkeit, globale, umfassende Kompetenzbeschreibungen, wie sie auch in den CHAGAL-Texten zu finden sind (siehe unter “Guidelines” - KAPITEL 3: DIDAKTISCHE GRUNDLAGEN – besonders 3.3: „Kompetenzen als Lernziele“ sowie 3.4: „Entwicklung und Implementierung studierendenzentrierter Curricula“), auf operationalisierbare Lehr- und Lernziele umzulegen.

Leitlinien 10-12

Die Leitlinien zehn bis zwölf beschreiben die Konsequenzen, die eine Umsetzung der Leitlinien eins bis neun für die organisatorischen Rahmenbedingungen der studienvorbereitenden Institution selbst hat. Die CHAGAL-Arbeitsgruppe hat recherchiert, welche Maßnahmen in diesem Bereich am VGU schon durchgeführt wurden bzw. werden, konnte aber darüber hinaus eine Reihe weiterer konkreter Vorschläge erarbeiten, die eine effizientere Umsetzung der Leitlinien sicher stellen und damit eine Lernumgebung garantieren sollen, in der internationale Studierende ihr volles Potential entfalten können. Darunter fallen Vorschläge wie die Einrichtung von Selbstlernzentren, die stärkere Einbeziehung von E-Learning und die intensivere Zusammenarbeit im Bereich der Unterrichtsforschung mit universitären Einrichtungen. Die meisten dieser Vorschläge erfordern allerdings verbesserte administrative und organisatorische Rahmenbedingungen, was wohl am VGU in Zukunft noch zu erarbeiten sein wird.

Wilfried KRENN
Vorstudienlehrgang der Grazer Universitäten
wilfried.krenn@kfunigraz.ac.at

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